Simon Sinek: Erfolgreiche Markenkommunikation startet mit dem „Warum?“

Ich glaube an Fortschritt durch Wissen und Bildung. Ich beschäftige mich viel mit Wissenschaft, Forschung und interessanten Marktentwicklungen. Ich tue das unter anderem, indem ich darüber blogge.

Warum sind einige Marken und Führungspersönlichkeiten erfolgreicher als andere? Warum kaufen die Kunden Smartphones und Computer von Apple, aber keine MP3-Player von Dell? Warum war Martin Luther King erfolgreicher als andere Bürgerrechtler seiner Zeit? Wie schafften es die Gebrüder Wright, ihren Traum vom Fliegen zu verwirklichen, obwohl andere Teams wie das von Samuel Pierpont Langly die bessere Ausgangslage und die bessere Finanzierung besaßen? Ich blogge heute über eine Theorie des Unternehmensberaters und Autors Simon Sinek.

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https://www.youtube.com/watch?v=qp0HIF3SfI4

Der goldene Kreis der umgekehrten Kommunikation

Der studierte Kulturanthropologe hat sich mit genau diesen Fragen auseinandergesetzt und einen Erklärungsansatz gefunden. Sie sind authentischer, weil sie anders kommunizieren als der Rest der Menschen. Sie kommunizieren genau umgekehrt. Für die meisten Menschen und Organisationen besteht gar kein Zweifel daran, was sie tun. Viele können sogar ihr Alleinstellungsmerkmal nennen, wie sie es tun. Die Frage nach dem Warum oder der Vision können aber die meisten nicht klar beantworten, obwohl es alles andere eigentlich bedingen sollte. Viele halten sogar den Profit für das Warum, obwohl der immer nur ein Ergebnis ist.

Sinek hat den goldenen Kreis („golden circle“) entwickelt. Ein einfaches Konzept, das veranschaulicht, wie die Aspekte Warum („why“), Wie („how“) und Was („what“) ineinander greifen. Apple sei demnach im Grunde auch nichts anderes als eine Computerfirma wie Dell oder jede andere Marke. Apple hat den gleichen Zugang zu Technologien, Arbeitskräften, Agenturen, Beratern und Medien. Dennoch scheint die Firma eine besondere Aura der Innovation zu haben. Sie kommuniziert ausgehend vom „Warum“.

Der Erfolg der Marke Apple

Das Warum ist die Frage nach den Beweggründen, dem Geschäftszweck, dem persönlichen Anliegen, den Glaubensgrundsätzen oder im Falle von Firmen dem Grund der Existenz. Für gewöhnlich kommunizieren Menschen im goldenen Kreis von Außen nach Innen, vom Greifbaren zum Abstrakten. Wir sagen, was wir tun und warum wir darin besser sind als andere. Auf Apple angewendet wäre diese Kommunikation: „Wir machen großartige Computer. Sie sind schön designed, einfach zu benutzen und benutzerfreundlich. Wollen Sie einen kaufen?“ Das ist eine reine Werbebotschaft, aber nicht inspirierend.

Tatsächlich kommuniziert Apple aber von Innen nach Außen, wie man schon im Slogan „think different“ der Jahre 1997 bis 2002 erkennt. „Bei allem was wir tun, glauben wir an eine Herausforderung des Status Quo und an das Andersdenken“ (Warum). „Wir stellen den Status Quo in Frage, indem wir unsere Produkte schön designen, sie einfach zu nutzen und benutzerfreundlich machen“ (Wie). „Wir machen bloß zufällig großartige Computer“ (Was). Schon ergibt sich durch eine Neuanordnung der Informationen eine stärkere Botschaft. Die Marke wird authentisch und bietet Fläche zur Identifizierung des Nutzers mit ihrer Vision.

Durch diesen Markenauftritt, so Sinek, gelingt es Apple nicht nur Computer sondern auch Telefone, Mp3-Player oder digitale Videorekorder zu verkaufen. Alle Wettbewerber sind ähnlich qualifiziert, all diese Produkte herzustellen. Gateway stellte Fernseher mit Flachbildschirmen her, Dell produzierte Mp3-Player und PDAs, aber der Erfolg blieb aus. Die Menschen fragten sich: „Warum soll ich einen Mp3-Player von einer Computerfirma kaufen?“

Authentisch sein & bleiben

Der einleitende Absatz dieses Blogartikels versucht genau diese Art der Kommunikation einmal auf meinen Blog und diesen Artikel anzuwenden. Ich bin beruflich in all meinen bisherigen Jobs immer in einem Bereich unterwegs gewesen, wo es sehr viel um Marketing, Affiliate- und Suchmaschinen-Traffic geht, wo User Retention über ein „Was“ erreicht werden sollte. Ich habe mich für meine privaten Blogs schon früh „aus dem Bauch heraus“ dazu entschieden, nicht dem Google-Besucher hinterher zu hecheln. Ich möchte nicht auf Traffic oder Backlinks optimieren, auch wenn ich es handwerklich sicher könnte, sondern einfach gute Texte schreiben (für alles andere ist mir meine Zeit zu kostbar).

Wer die Artikel mag, kann mich gerne bei Facebook liken oder wieder kommen. Alle anderen sind als Gäste trotzdem gern gesehen, aber im Kern nicht die, für die ich meine Gedanken hier teile. Ich schreibe seit ich 15 bin und habe schon immer das geschrieben, was (, wie und worüber) ich selbst gerne lesen wollte. Ich glaube, nur mit dieser Ehrlichkeit und Authentizität kann Schreiben funktionieren. Um aber noch mal aufs Berufliche zurück zu kommen und das Prinzip in einen Marketing- und Marken-Kontext zu setzen: Ich glaube, genau diese Authentizität macht auch den Erfolg oder Misserfolg von Content Marketing Maßnahmen und den Erfolg von Communitys (wie z.B. myDealz) aus.

Zweiterfolgreichster TEDx-Talk aller Zeiten

Simon Sineks inspirierenden TEDx Talk aus dem Jahr 2009 „How great leaders inspire action“ sahen schon über 33,2 Millionen Menschen. Damit ist sein Vortrag auf Platz 2 der meist angesehenen Videos der Seite (Youtube nicht mal mitgerechnet). Grund dürfte auch hier nicht das „Was“ sein. Ted Talks zu ähnlichen Themen gibt es zuhauf. Das Video ist alt, der Ton über lange strecken schlecht und das Bild entspricht schon lange nicht mehr den Standards heutiger Videos. Die Menschen schauen den Talk auch nicht wegen Sinek und der Bekanntheit, die er unter anderem durch den Film erlangte. Sie interessieren sich in erster Linie für die Botschaft und seine unkonventionelle Herangehensweise. Sie schauen den Film für sich selbst. Und das wäre dann auch ganz im Sinne des Erfinders des goldenen Kreises, denn wenn meine Deutung stimmt, würde sie seine These wohl bestätigen.

Tief verankert im Gehirn

Simon Sinek glaubt, dass dieses Prinzip nicht nur psychologisch sondern sogar biologisch verankert ist. Der Neocortex, der für rationales und analytisches Denken und die Sprache verantwortlich ist, entspricht demnach dem „Was“-Level. Das limbische System, welches für Emotionen wie Vertrauen und Loyalität verantwortlich zeichnet, repräsentiert die inneren beiden Level „Wie“ und „Warum“. Es entscheidet über das Verhalten und die Entscheidungsfindung eines Menschen, ist für komplexe Sprache aber unzugänglich. Bei der Kommunikation von Außen nach Innen wird seiner Auffassung nach nur der Neocortex angesprochen. Bei der Kommunikation von Innen nach Außen aber der Teil des Gehirns, der die Entscheidungen trifft. Das „Was“ dient dann nur noch der Bestätigung und Rationalisierung des Gesagten.

Das Warum beflügelt Gründer & Pioniere

Gründer antworten bei der Frage, warum ihr Unternehmen nicht erfolgreich geworden ist, oft mit Unterfinanzierung, einem falschen Team oder schlechten Marktbedingungen. Sinek verdeutlicht das am Beispiel von Samuel Pierpont Langly und den Gebrüdern Wright. Langly hatte eine hervorragende Finanzierung durch das Kriegsministerium, stellte die klügsten Köpfe an, die für Geld zu haben waren und auch die Presse unterstützte ihn, wo es nur ging. Die Wright Brüder hatten nichts davon. Sie investierten ihr eigenes, hart erarbeitetes Geld, hatten genau wie jeder andere in ihrem Team nicht einmal eine College Ausbildung.

Vereinfacht kann man sagen: Die Gebrüder Wright glaubten daran, dass sie mit der Flugmaschine den Lauf der Welt verändern könnten, während Langly nur auf Ruhm und Reichtum aus war. So fanden sie ein Team, das die Vision teilte, während Langlys Team hauptsächlich am Lohn interessiert war. So gab Langly an dem Tag das Fliegen auf, als die Wrights es erfanden. Er hatte kein Interesse daran, die Technologie zu adaptieren und weiter zu entwickeln. Deshalb sei es wichtig, darüber zu reden, woran man glaubt, um die Menschen anzuziehen, die an das gleiche glauben. Diese Early Adopters sind es, die ein Produkt oder eine Idee über die kritische Marktmasse bringen können, damit auch die Early und Late Majority dieses annehmen.

Am Ende läuft es immer wieder darauf hinaus, das „Warum“ und nicht das „Was“ in den Vordergrund der Kommunikation zu stellen.