Verbraucherzentrale NRW suggeriert „Höhle der Löwen“-Verschwörung

Wenn es einen Preis für Verbraucher-Irreführung durch Verbraucherschützer geben würde, dann gäbe es ab sofort einen klaren Sieger. Die Verbraucherzentrale NRW ist eine Instanz, wenn es um Verbraucherthemen und Produkttests geht. Mit entsprechendem Vertrauen begegnen ihr daher auch die Endkunden. Genau diese Verbraucher „warnt“ die Verbraucherzentrale nun laut verschiedenen Medienberichten vor den Produkten aus der Höhle der Löwen. Statt auf die unzähligen Fake-News-Artikel, welche Kunden mit angeblichen Löwenprodukten abzocken, hat sich die Verbraucherzentrale gegen die Sendeverantwortlichen und die Löwen eingeschossen und eine Pressemitteilung verschickt, über die man nur den Kopf schütteln kann. Von „Tricks und Merkwürdigkeiten“ ist darin die Rede. Ein polemischer und irritierender Text, der geeignet ist, die Sendung, die Löwen und alle teilnehmenden Gründer in Verruf zu bringen. Recherchiert scheinen die einseitig dargestellten Inhalte aber bestenfalls oberflächlich zu sein.

Verbraucherzentrale NRW schießt gegen DHDL

Tatsächlich liest sich die Pressemitteilung wie eine große Verschwörungstheorie und die Sprache der Verbraucherzentrale ist ungewohnt aggressiv.

Einige Beispiele aus der PM:

  • Die Produkte kommen laut Verbraucherzentrale „unter einem fragwürdigen Logo in die Verkaufsregale„. Dieses Logo ist das offizielle Sendungslogo, das von Sony bereits vor zwei Jahren für den Handel lizensiert wurde. Fragwürdig ist dabei lediglich die unjournalistische Wortwahl der Verbraucherzentrale, welche irgendeine Form der Zwielichtigkeit zu unterstellen scheint. Fragwürdig ist hierbei jedoch vor allem ein Synonym für „nicht ausreichend recherchiert“.
  • Verbraucher würden ihre „Neugier oft mit hohen Preisen und auch Enttäuschungen bezahlen„. Diese generalisierte Aussage wird zunächst ohne unmittelbare Belege als Kernaussage des Artikels stehen gelassen.
  • Die Investoren hätten wohl „zu viel Geld“ und die Gründer „zu wenig“, wird das Konzept der Sendung zusammen gefasst. Die Verbraucherzentrale greift damit unmittelbar die gesamte Venture Capital Szene und das Konzept des weltweit erfolgreichen Sendeformats an. Das hat nicht nur keinen Bezug zum Thema des Artikels sondern offenbart eine verstörende Weltsicht der Verbraucherzentrale.
  • Carsten Maschmeyer wird als „Oberlöwe“ und „vermeintlicher“ Milliardär bezeichnet, der in der Vergangenheit eine Firma leitete, die „umstrittene Finanzprodukte mit Drückermethoden an Kleinanleger verscherbelte“. Damit versucht die Verbraucherzentrale den in einigen Kreisen schlechten Ruf Maschmeyers auf die gesamte Sendung und alle teilnehmenden Gründer zu übertragen. Maschmeyer wird wie ein Rädelsführer hinter einer vermeintlichen DHDL-Abzocke dargestellt. Sein bisher  zu keinem Zeitpunkt je strittiger Status als Milliardär wird kurioserweise offen angezweifelt. Die Involvierung Maschmeyers und die Geschäftspraktiken des AWD sowie Äußerungen darüber sind immer wieder Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzung gewesen. Egal, welcher Ansicht man folgt, müsste man unter journalistischen Gesichtspunkten eine solch potenziell diffamierende Aussage meiner Meinung nach immer unter Vorbehalt stellen.
  • Den Löwen wird Gier nach „saftigen Geschäftsbeteiligungen“ unterstellt. Auch das liest sich merkwürdig in einer Pressemitteilung, die eigentlich nur den Anspruch hat, Kunden beim Einkauf zum kritischen Vergleichen von Produkten anzuregen. Die meisten Firmenbewertungen sind zudem in der Regel durchaus üblich und angemessen. Dreiste Forderungen der Löwen gab es seit der ersten Staffel quasi gar nicht mehr.
  • Die Zuschauer der Sendung werden in dieser Konstellation als die „Loser“ bezeichnet. Es wird somit unterstellt, „VOX und die Geldgeber“ seinen Profiteure auf Kosten der unmündigen Zuschauer.
  • Die „gerade erst vorgestellten“ Produkte seien am Folgetag „wie von Zauberhand“ in den Regalen. Auch mit dieser Formulierung suggeriert die Verbraucherzentrale Mauschelei. Dabei ist allgemein bekannt und anhand des Zusammenschnitts der Sendung auch deutlich erkennbar, dass die Pitches aufgezeichnet und nicht live sind. Löwen wie Ralf Dümmel helfen den Produkten in den Handel, der Handel platziert die Produkte dann, wenn die Nachfrage am größten ist. Das alles sind ganz normale Handelsabläufe.
  • Das Logo werde auch von Produkten verwendet, die keinen Deal erhalten haben. Als Beispiel wird „DasKaugummi“ genannt. DasKaugummi schloss jedoch 2016 zumindest in der Sendung einen Deal mit Ralf Dümmel ab (der erst im Nachgang platzte) und erfüllte damit offenbar die Lizenzbedingungen für eine Logonutzung. Wäre dies nicht der Fall, läge eine Täuschung durch den Hersteller und nicht durch die Sendungsverantwortlichen vor. Darüber hinaus zeichnet das Logo im Wortlaut lediglich Produkte aus, die an der Sendung teilgenommen haben, was im Fall von DasKaugummi augenscheinlich der Fall ist, und ist insofern kein Qualitätssiegel und keine Kaufempfehlung. Das Logo wird im Handel vielmehr zur Verbraucherorientierung eingesetzt und wenn der Verbraucherschutz es kritisieren wollte, hätte er eher fordern müssen, dass es jedem Teilnehmer zugänglich gemacht werden sollte.
  • Einzelne Online-Kommentare werden einseitig mit „viel zu teuer“ und „widerlich“ genannt. Weitere Produkte mit negativen Kommentaren werden beispielhaft herausgepickt. Sämtlich handelt es sich dabei um subjektive Meinungen („Reinfall“, „Müll“) und nicht um Fakten und sachliche Kritikpunkte / tatsächliche Schwachstellen. Diese aufzuzählen hätte keine 5 Minuten Recherche erfordert. Die Verbraucherzentrale vermittelt den Eindruck die negativen Kommentare seien repräsentativ für die Meinung aller Kunden und die herausgepickten Produkte seien repräsentativ für alle teilnehmenden Startups in der Sendung. Positive Kommentare wurden unterschlagen. Eigene objektive Tests hat die Verbraucherzentrale laut späterer Stellungnahme gegenüber RTL nicht durchgeführt.
  • Der bereits über ein Jahr vergangene Fall ProtectPax wird vorgeführt. Damals hatte eine Verkaufsverpackung bei Kunden den falschen Eindruck erweckt, der Displayschutz hielte sogar Hammerschläge aus. Der Verkauf wurde im letzten Jahr kurzzeitig gestoppt und das Verpackungsdesign geändert. Schon damals stellten viele Medien den Vorfall verfälscht und überspitzt dar. Die Verbaucherzentrale scheint auch hier keine 5 Minuten lang nachrecherchiert zu haben.
  • Kritisiert wird auch der ebay-Shop der „in-trading Handelsgesellschaft“ hinter der Löwe Ralf Dümmel steckt. Die Verbraucherzentrale fand dabei heraus, dass in-trading „laut eigener Website offizieller Vermarktungspartner der Höhle der Löwen Artikel“ ist. Die Formulierung „laut eigener Website“ suggeriert, dass diese Aussage in irgendeiner Form unter Vorbehalt gestellt oder falsch sein könnte und passt in die verschwörungstheoretische Schreibweise der Verbraucherzentrale.
  • Kritisiert wird exakt ein einziger Streichpreise im UVP (19 euro statt 119 Euro) und Preisreduzierungen zwecks Abverkauf von Produkten aus vergangenen Staffeln, die einem ganz normalen Handelszyklus entsprechen und in Wirklichkeit eher zum Verbrauchertipp statt zur Verbraucherwarnung gereichen. Kritisiert wird auch, dass ALDI Süd ein Sonderangebot des rutschfesten Fressnapfes Yummynator machte. Dies sei ein Horrorszenario.

So funktionieren Journalismus und Verbraucherschutz nicht!

Die gesamte Pressemitteilung liest sich wie von einem Schülerpraktikanten mit Hang zu Verschwörungstheorien, Fake News und Clickbait zusammengeschrieben. Keine der Aussagen erscheint beim kritischen Lesen in irgendeiner Form fundiert nachrecherchiert. Kontakt zu den Verantwortlichen wurde offenbar nicht gesucht sondern Annahmen wurden einfach unterstellt. Für den Leser der Pressemitteilung, die nun von allen großen Medienhäusern nachgeäfft und zur „Warnung vor DHDL Produkten“ hochstilisiert wird, enthält der Text gefährliche Halbwahrheiten und eine vorgehaltene Milchglasscheibe hinter der sich Gefährliches verbergen könnte.

Tatsächlich geht es aber so sehr drunter und drüber, dass der Pressemitteilung sogar die zentrale Aussage fehlt, wovor genau gewarnt wird. Vor dem Sendekonzept? Vor Carsten Maschmeyer? Vor dem Handel? Vor einzelnen oder allen Produkten? Vor dem Löwen-Siegel? Oder vor einer großen Weltverschwörung, in der alle gemeinsam mit drin hängen? Die Verbraucherzentrale schweigt sich aus und macht mit ihrem Text, einseitigen Meinungszitaten und suggestiven Formulierungen Stimmung gegen alle. Die Medien greifen dankbar die vermeintlich generalistische Warnung vor allen Löwen-Produkten auf. Man kann nur mutmaßen, ob man es bei der Verbraucherzentrale in Düsseldorf vielleicht auf diesen Pressewirbel, auf Link- oder Clickbait abgesehen hatte. Der Verbraucherschutz scheint zumindest nicht im Mittelpunkt des kruden Textes gestanden zu haben.

Der wahre Verlierer ist hierbei der Verbraucher, der von der Verbraucherzentrale bewusst oder unbewusst getäuscht wird, dem falsche Zusammenhänge suggeriert werden und der über wirkliche Zusammenhänge im Unklaren gelassen wird.

Die Verbraucherzentrale rudert zurück

Aufgrund der negativen Medienberichte und der angeblichen Warnung der Verbraucherzentrale, schaltete sich umgehend auch die Mediengruppe RTL ein, auf deren Sendern VOX und n-tv das Erfolgsformat derzeit läuft. RTL zitiert Ralf Dümmel (den eigentlichen „Oberlöwen“ hinter der Vermarktung) über eine Sprecherin wie folgt: „Dass die Show fünf bis sechs Monate vorab aufgezeichnet wird, ist kein Geheimnis und deshalb halten wir es nicht für „einen Trick“ oder „wie von Zauberhand“ in den Handel gebracht.“ Der Sender stellt auch fest, dass es keine ungenehmigte Verwendung des Sendungs-Logos auf Produkten im Handel gibt und man in einer freien Marktwirtschaft auch keinen Einfluss auf Preisunterschiede oder Preisentwicklung im Handel habe.

DS-Produkte bedauert in der Stellungnahme auch, dass die Verbraucherzentrale keinerlei Respekt vor dem Lebenswerk der einzelnen Gründer gezeigt habe. Es sei auch Wahrheit, dass es immer wieder mal Misserfolge gäbe. In der Mehrheit seien die Investments aber erfolgreich und die Produkte erhielten positive Kundenbewertungen.

Klarstellung: Keine Warnung vor Höhle der Löwen-Produkten

Georg Tryba, der Sprecher der Verbraucherzentrale NRW, klärte gegenüber RTL auf, worum es in der Pressemitteilung eigentlich gegangen sei. Keinesfalls habe man „Vor Löwen-Produkten warnen“ wollen. Vielmehr sollten die Kunden dazu angehalten werden, Produkte beim Einkauf nicht blind zu kaufen sondern zu vergleichen. Kunden sollen wachsam sein beim Einkauf.

An welcher Stelle des wirren Schmäh-Textes man als Verbraucher diese Information herauslesen kann, bleibt offen. Der Schaden für die Marke ist längst angerichtet, das Vertrauen der Verbraucher durch die unklare und missverständliche Kommunikation der Verbraucherzentrale getrübt und die Pressemitteilung der Verbraucherzentrale bleibt ein widerliches Stück Verbrauchertäuschung durch Effekthascherei und schlechte Recherche. Man darf fortan mit Recht an der Objektivität dieser einstmals renomierten Verbraucherzentrale zweifeln.