2017: Zeit für ein Digitalministerium?

Mein Nachbar hat wie einige Menschen seines Berufszweigs nicht immer nur gute Ideen. Man muss ihm nicht immer zustimmen und schon gar nicht immer zuhören. Ab und an ist aber eine dabei, über die man nachdenken sollte. Letztens schlug er vor, man solle doch die digitalen Kompetenzen der Bundesministerien in einem neuen Digitalministerium bündeln. Dieses Ministerium könne alle Themen der digitalen Agenda wie den Breitbandausbau als Aufbau einer Gigabit-Infrastruktur, das Internet der Dinge, die 4.0-Themen aus Industrie, Bauen und Mobilität, digitale Bildung, künstliche Intelligenz, Startup-Förderung, IT-Sicherheit und Datenschutz sowie das automatisierte Fahren voran treiben.

Diese Themen liegen aktuell verstreut bei Innen-, Verkehrs-, Wirtschafts-, Forschungs-, Justiz- und Bildungsministerium. Wer ein paar Minuten überlegt, dem fallen sicherlich weitere Beispiele und Ministerien ein. Mein Nachbar meint nun, diese Reibungsverluste oder Parallelstrukturen könne man sich nicht leisten. Stattdessen solle man schauen, wie man sich gemeinsam mit der Wirtschaft an die Spitze der digitalen Weltordnung kämpfen könne. Und ja, er hat wirklich „kämpfen“ und „Weltordnung“ gesagt. Ins Silicon Valley oder nach Asien möchte er aber keine Truppen sondern „Digitalbotschafter“ schicken.

Das Ganze treibt ihn schon seit etlichen Monaten um, geistert nun aber im Vorfeld der diesjährigen Bundestagswahlen wieder durch die Presse. Ach so, mein Nachbar heißt übrigens Alexander Dobrindt und ist Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur. Andernfalls würde der Vorstoß vermutlich auch wenig Gehör finden. Auch Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries pflichtet der Bedeutung der Digitalen Agenda bei: „Wer die Digitalisierung nicht ernst nimmt, wird künftig nicht mehr am Markt sein.“ Es kann also gut sein, dass in der nächsten Legislaturperiode manche Dinge neugeordnet und zentralisiert werden.

Ich denke wir haben etlichen Nachholbedarf bei den Digitalthemen, sei es Förderung von Startups, wo uns Großbritannien um längen voraus ist, das Thema IT-Sicherheit oder auch einfach die Entwicklung von moderner Software und die Schulung von Behördenpersonal. Die Wirtschaft digitalisiert alle Lebensbereiche und der Staat sollte nachziehen und Behördenvorgänge noch weiter digitalisieren und dabei die Usability in den Vordergrund stellen. Wenn ich als mehr oder weniger „Digital Native“ schon Probleme habe, mich auf Behörden-Websites zu Downloads oder Formularen durchzuklicken, dann ist der Staat an dieser Stelle einfach zu weit vom Bürger entfernt.

Die Vorgänge in einem eigenen Ministerium zu konsolidieren oder aber als Ressort beispielsweise im Wirtschaftsministerium aufzuhängen, kann durchaus Sinn machen. Wichtig ist dabei natürlich, die anderen Ministerien aktiv mit einzubinden, wenn es um Fachfragen und Initiativen geht, eng mit der Wirtschaft zusammenzuarbeiten und den Blick aus Verbrauchersicht nicht zu verlieren. Am Ende wird vielleicht einfach nur wie so oft in der Digitalbranche ein gutes Projektmanagement gefragt sein. Mein Nachbar ist allem Anschein nach übrigens letztens aus dem Haus ausgezogen. Vielleicht bezieht er schon irgendwo im Second Life sein neues Domizil als Digitalminister.

Titelbild: Pressebild Alexander Dobrindt (Quelle: Bundesregierung / Kugler)