Pony Puffin ausverkauft: Produktkrieg in der Höhle der Löwen

Um dieses beliebte Produkt aus der Höhle der Löwen schlagen sich Löwen, Händler und Zuschauer gleichermaßen. Derart, dass die Clickbait-Redaktion von CHIP sogar mit „Eklat bei DHDL“ und „Abzocke bei Amazon“ titelte. Gemeint ist die Frisierhilfe Pony Puffin, die bereits wenige Minuten nach Beginn der Ausstrahlung der Sendung ausverkauft ist. Ist es dem Unternehmen gelungen, durch Verknappung als Marketingstrategie einen Hype auszulösen oder hat man sich einfach komplett verkalkuliert und am Ende gar auf die falsche Löwin gesetzt? Wie grandios hätte die Erfolgsgeschichte geschrieben werden können, wenn Ralf Dümmel anstelle von Judith Williams den Deal abgeschlossen hätte? Und welche Gewinne sind dem Startup nun durch ungenügende Vorratshaltung entgangen?

Pony Puffin in der Höhle der Löwen

An diesem Pitch ist vieles kurios. Nicht jedoch die sympathische Gründerin und ihre emotionale Geschichte. Elena Musiol ist mit ihrem Mann Julian in die Höhle der Löwen gekommen, um ihre Frisierhilfe Pony Puffin vorzustellen. Der Silikon-Pfropfen für die Zopfbasis soll jedem Pferdeschwanz zusätzliches Volumen geben. Ehemann Julian hat schon so manchen Prototypen mit ansehen müssen. Vom Korken über Knetmasse bis hin zum fertigen Produkt: Ein pinkfarbenes oder transparentes Hütchen aus Silikon, das unsichtbar im Haar verschwindet. Man merkt Elena Musiol an, wie wichtig es ihr ist, nicht nur Kapital sondern einen strategischen Partner zu finden. Für 65.000 Euro ist sie bereit 49 Prozent, also die Hälfte ihrer Firma abzugeben. Auf die Angebote der Löwen reagiert sie sehr emotional und legt alles in allem einen der sympatischsten Pitches der vierten Staffel ab.

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Zunächst einmal geht es aber auf Klassenfahrt-Niveau. Frank Thelen redet sich unter dem Schmunzeln und Lachen von Carsten Maschmeyer um Kopf und Kragen. „Also ehrlich gesagt, mit Pferde…schwänzen… habe ich mich noch nie auseinandergesetzt,“ stammelt er. „Also dieser Pony-Schwanz, der hat mich jetzt noch nie so in der Dicke bewegt. Aber wenn das wirklich ein Bedarf ist, muss es da auch richtig abgehen, weil alle Mädels, die irgendwie einen dicken Pferdeschwanz haben wollen, denken: ‚Mensch, jetzt gibt’s ’nen dicken Pferdeschwanz.“ Maschmeyer ist kaum noch zu halten und zeigt erstmals, dass er mehr als nur einen Gesichtsausdruck hat.

Judith Willams und Ralf Dümmel streiten um Pony Puffin

Elena Musiol von Pony Puffin mit ihrem Mann in der Höhle der Löwen (Bild: VOX.de)

Wirklich interessant wird es aber erst, als sowohl Judith Williams als auch Ralf Dümmel das Angebot wie vorgeschlagen annehmen wollen. „Das ist mein Produkt. Sie haben ein Haarprodukt, was man millionenfach verkaufen kann,“ flirtet Williams sich zum Dealangebot. Das Produkt sei allerdings nichts fürs Regal. Man müsse es erleben und ständig sehen, wie es angewendet wird. Sie ahnt bereits, dass auch Ralf Dümmel einen Vorschlag unterbreiten wird. Der rutscht bereits nervös auf seinem Stuhl, als Williams von Europa, Australien und Russland spricht. Die Deutsch-Amerikanerin möchte das Produkt überall auf der Welt verkaufen. Bei Elena Musiol kullern jetzt bereits die ersten Freudentränen.

Ralf Dümmel holt zum Gegenschlag aus. Die Musiols sind für ihn ein Gründerpaar zum Liebhaben. Dümmel führt aus, dass er schon viele Haarprodukte millionenfach international verkauft hat. Mit 6.500 TV Geräten am Point of Sale möchte er mit Erklärvideos den Pony Puffin verkaufen. Um Groß zu werden möchte er alle Kanäle und nicht nur Teleshopping bespielen. In ungefähr 10.000 Filialen in ganz Deutschland möchte er die Frisierhilfe verkaufen. Während die Gründerin vor lauter Rührung mit den Tränen kämpft, grätscht Judith Williams von der Seite rein:

„Ralf, du weißt, wie sehr ich dich gerne hab. Aber du weißt auch, wie wir beide unser Business gut kennen. Du weißt auch, dass das mein Produkt eigentlich ist. Dass ich dieser Frau helfen kann.“

Judith Williams setzt sich trotzig durch

Ralf Dümmel ist etwas pikiert: „Und ich nicht?“ –  „Ich glaube, dass ich das besser kann,“ giftet Williams, „Nein! Ich glaube es nicht nur, ich weiß es.“ Ralf Dümmel wirkt verdutzt und antwortet nun ebenfalls leicht trotzig „und ich bin überzeugt, dass ich es besser kann. Aber ich akzeptiere, wenn du sagst, dass du es besser kannst.“ Die beiden fallen einander ständig ins Wort. „In diesem Fall. In vielen Fällen nicht. Jetzt ist einmal von Hunderten von Pitches eins da, wo ich weiß, dass ich das für sie kann,“ kämpft Judith Williams – Selten war je so eine Spannung in der Höhle der Löwen. Die anderen Löwen unterbrechen und Frank Thelen fasst die Angebote zusammen. Die Gründer beraten sich.

„Ralf, nicht, dass ich gleich weine, wenn du mir das weg nimmst,“ klagt Judith Williams. Ralf Dümmel geht auf Versöhnungskurs: „Du, ich glaube, wir können ihr beide helfen.“ Beide Löwen wirken etwas eingeschnappt. Dümmel ahnt aber schon, dass er das Rennen nicht machen wird. Die Gründer entscheiden sich dann auch für das Angebot von Judith Williams. Hierbei war es insbesondere deren Argument, das Produkt international schnell in den Markt bringen zu wollen, was am Ende den Ausschlag gab.

Pony Puffin Ausverkauft

„Pony Puffin – Wo kann man das kaufen?“ fragten sich viele Userinnen.

Mit dem millionenfachen weltweiten Verkauf war es dann aber nicht weit her. Zwar kam der Deal mit Judith Williams zustande und die Nachfrage war wie zu erwarten enorm, doch bereits während der Ausstrahlung der Sendung musste Pony Puffin die Segel streichen. Erst war der Onlineshop ausverkauft, dann der Amazon-Shop und schließlich auch die wenigen Outlets von Judith Williams wie HSE24 und dm. In den nächsten Tagen war es außerdem unmöglich, das Produkt im Einzelhandel zu bekommen. Hat die Löwin sich also komplett verschätzt? Hätten Elena Musiol und ihr Mann auf Ralf Dümmel, den Macher der „Die Höhle der Löwen“-Produkte setzen sollen? Ralf Dümmel hat in den vergangen Staffeln schon die Ablussfee, den Pannenfächer, Rokittas Rostschreck, ProtectPax und Go Simply bundesweit bekannt gemacht.

In der Kooperation mit Judith Williams erleidet Pony Puffin nun jedoch das Schicksal, nahezu keine Sichtbarkeit im Markt zu haben und darüber hinaus die hohe Nachfrage nicht bedienen zu können. Zweimal schon kam eine Lieferung für den Onlineshop rein, die jeweils binnen weniger Minuten und Stunden ausverkauft war. Das zeugt von einer massiven Fehlplanung oder ernsten Problemen in der Produktion und Zulieferung, wie sie mit einem Partner wie DS Produkte von Ralf Dümmel, der gleich in hunderttausender Stückzahlen plant, eventuell nicht passiert wäre. Bereits in der Vergangenheit hatte eine Investition von Judith Williams ähnliche Probleme. Damals wurde Popcorn Loop zwar rechtzeitig zur Sendung beliefert, jedoch genügte die Fertigung nicht den Qualitätsanforderungen, die das Startup an den Lieferanten gestellt hatte. Kein Verschulden der Löwin, aber ebenfalls keine logistische Glanzleistung.

Trittbrettfahrer nutzten den Ausverkauf und erhöhten die Preise

Ein Amazon Händler nutzte die Gunst der Stunde, um den Preis für Pony Puffin in die Höhe zu treiben auf 29,99 zzgl. Versand (Bild: Amazon, 10.10.2017)

Im Fall von Pony Puffin kam es noch schlimmer. Als während der Sendung die Stückzahlen des Startups aufgebraucht waren, sprang plötzlich ein Amazon Marketplace Händler ein, der sich offenbar vorab mit einigen Stückzahlen eingedeckt hatte. Der Händler verkaufte die Frisierhilfe zum bis zu dreifachen Preis. Keine ungängige Praxis bei Produkten, deren Nachfrage hoch und deren Angebot nicht vorhanden ist (ähnliches geschah mit der stark nachgefragten Einhorn-Schokolade von Rittersport oder geschieht aktuell mit allem, was ein „Air Berlin“ Logo trägt sowie mit vielen anderen limitierten Gütern regelmäßig). Auf ebay erzielen die Pony Puffins mittlerweile regelrechte Wucherpreise.

Von „Abzocke“ zu sprechen wie es CHIP.de tat oder von der Bestellung bei Dritthändlern abzuraten wie es Pony Puffin tat, erscheint hier übertrieben. Geschäftstüchtigkeit ist aber allemal dabei. Verständlich ist auch, dass nicht alle Kunden onlineaffin genug sind, Hersteller und Drittanbeiter auseinander zu halten. Die Kundinnen wendeten sich sogleich wütend via Facebook und E-Mail an das Startup, das sich auf seiner Website sogar zu einer Stellungnahme genötigt sah, dass man nichts mit der Preiserhöhung zu tun habe. Unter vielerlei Gesichtspunkten war die Fehlplanung in der Produktion also ein wirtschaftlicher Supergau. Seither kämpft das junge Startup auch permanent mit Lieferproblemen, Alle neuen Chargen, die eintreffen und in den Verkauf gehen, sind umgehend wieder ausverkauft.

Gestern konnten wir eine größere Menge pony puffin® in unseren Shop liefern und waren innerhalb von 12 Stunden schon wieder restlos ausverkauft! Es tut uns sehr leid für Jene unter euch, die keinen ergattern konnten. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, euch alle glücklich machen zu können und sind zuversichtlich, dass wir bis Ende der nächsten Woche wieder eine größere Anzahl an pony puffin® zur Verfügung stellen können. (Quelle: ponypuffin.com)

Tür weit offen für Konkurrenzprodukte

Durch die Lieferprobleme von Pony Puffin ist die Tür weit geöffnet für Konkurrenzprodukte. Sucht man aktuell auf Amazon nach „Pony Puffin“ so wie es sehr viele Kunden tun, findet man nicht das gesuchte Produkt, da die Gründer das Angebot auf Amazon deaktiviert haben. Viele Kunden aber dürften die dortigen Alternativen für das Original halten, so dass alle Produkte, die einem Pony Puffin auch nur annähernd ähnlich sehen oder heißen, absolute Top-Seller sind wie der Plaitpusher für Ponytails oder der Scundi Perfect Pony Haargummi, der insbesondere durch einen ähnlichen Namen auffällt. Das Beispiel zeigt gut, warum es nie ratsam ist, Protektionismus im eigenen Onlineshop zu betreiben wie es alle Löwen außer Ralf Dümmel üblicherweise propagieren.

Pony Puffin in „Die Höhle der Löwen“ am 7. November 2017

Selbstverständlich ist es schön, einen Hype und eine Nachfrage aufzubauen, aber nichts ist im E-Commerce verheerender, als Kunden zu verlieren oder zu verärgern, weil man nicht liefern kann. In der Höhle der Löwen vom 7. November 2017 gibt es einen Wiederbesuch bei Pony Puffin und die Zuschauer erfahren die ganze Geschichte hinter den Lieferproblemen. Man darf gespannt sein, ob Pony Puffin bis dahin auch wieder in der Lage ist, zu liefern (und die Warenverfügbarkeit über die Dauer der Ausstrahlung hinaus aufrecht zu erhalten)  und wie offen mit dem kleinen Debakel umgegangen wird. Auf der Glowcon von dm in Berlin scheint es jedenfalls wieder Vorrat zu geben, denn Pony Puffin ist dort mit einem Stand vertreten.

Auch Ralf Dümmel wäre nicht der absolute Heilsbringer gewesen, aber er hätte sicher die Nachfrage nicht so massiv unterschätzt. Der Löwe hatte in diesem Jahr schon einen kleinen Rückschlag mit einer seiner Investitionen zu verzeichnen. Der flüssige Displayschutz von ProtectPax hatte aufgrund des Verpackungsdesigns und den Werbeaussagen Ärger mit dem Verbraucherschutz bekommen. Während man sich offiziell über einen rasend schnellen Ausverkauf bei ALDI Süd freute, hatte der Discounter in Wahrheit das Produkt aus dem Sortiment genommen. Mittlerweile ist ProtectPax mit neuer Verpackung wieder am Start.

Hätte Pony Puffin sich für Ralf Dümmel entscheiden sollen?

Man darf sicher davon ausgehen, dass die Zusammenarbeit mit Judith Williams für Pony Puffin eine gute, konstruktive und wertschöpfende ist. Es zeigt sich aber wieder einmal, dass von allen Löwen nur Ralf Dümmel in der Lage ist, die mittlerweile enorm angestiegene Nachfrage durch die sendung zu planen und auch logistisch zu bewältigen. Das dürfte auch daran liegen, dass ihm neben 10.000 Fillialen auch Teleshopping und ein großes Online-Vertriebsnetzwerk zur Verfügung stehen und er mit seiner Firma in-trading und DS Produkte die Produktion, den Versand und die komplette Logistik übernehmen kann.

Man hat gemerkt, dass Elena Musiol in der Sendung bereits zu Judith Williams tendierte und die TV-Unternehmerin, die ihr eigene Beautylinie hat, konnte sicher einiges an Erfahrung und Mentoring einbringen. Sie hat nur lange keinen so erfolgreichen Löwen-Deal wie den mit Pony Puffin gemacht und deshalb fehlte der Expertin hier die Erfahrung. Ideal wäre für das Startup sicher ein Deal mit Williams UND Dümmel gewesen. 49 Prozent Unternehmensanteile hätten auch locker für zwei Löwen gereicht. Man kann Pony Puffin und dem sympathsichen Gründerpärchen nun eigentlich nur wünschen, dass der Lieferengpass schnell überwunden werden kann, damit langfristig nur Ralf Dümmel selbst bedauern muss, nicht zum Zuge gekommen zu sein.

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