Betrugsvorwurf gegen myDealz: Dr.Oetker hat das Internet nicht verstanden

Sehr brachial wehrt sich der Lebensmittel-Konzern Dr. Oetker gerade gegen die Verbreitung seiner Gutscheine über die Deal-Plattform MyDealZ. Auf der Website kann die User-Community eigenständig Gutscheine einstellen oder auf Rabattaktionen im Online- oder Offline-Handel hinweisen und über ein Voting-System bewerten. Das bringt den Händlern und Marken in der Regel viel Aufmerksamkeit, Traffic und hohe Abverkaufszahlen. Das bringt der Plattform aber ab und auch mal Ärger mit den Händlern, die ihre Rabattaktionen nicht im Internet verbreitet wissen wollen.

So geschehen zuletzt bei einem Dr. Oetker Gutschein. Bei einem Ofenkauf gab der Elektronik-Händler Saturn einen Gutschein für eine „Die Ofenfrische“ Pizza nach Wahl im Wert von 2,99 Euro kostenlos dazu. In den Einlösebedingungen stand eindeutig, dass der Gutschein nur im Original gültig ist und nicht vervielfältigt oder ins Internet gestellt werden darf. Der Gutschein landete dennoch als Scan auf der Onlineplattform der Berliner Six Minutes Media GmbH, welche MyDealZ betreibt. In der Folge druckten womöglich einige User den Gutschein aus, entfernten möglicherweise die Einlösebedingungen und sicherten sich größere Mengen Pizza für lau. So zumindest die Sorge bei Dr. Oetker. Das Personal der teilnehmenden Geschäfte, große Ketten wie Edeka, Rewe, Real, tegut, Familia und viele mehr, war offenbar nicht ausreichend geschult worden und könnte Gefahr laufen, die Gutscheine zu akzeptieren.

Scharfe Rhetorik gegen MyDealZ

Dr. Oetker forderte daraufhin von MyDealZ die Entfernung des dort „illegal“ gelisteten Gutscheins und warnte sogar auf seiner Website und via Social Media öffentlich vor dem „Betrugsversuch„. Nach Rechtsauffassung der Six Minutes Media liegt jedoch kein Rechtsverstoß vor. Immerhin sei der Einlösehinweis als Zusatz erhalten geblieben, der klar darauf hinweist, dass der Gutschein gar keine Gültigkeit besitzt. Eine Verantwortung für die Handlungen seiner User lehnt das Unternehmen ab und das Bestehen einer Geschäftsbeziehung ist zu keinem Zeitpunkt behauptet worden. Aufgrund der schwerwiegenden Vorwürfe entschied sich MyDealZ letztendlich doch, den Gutschein, der ohnehin nur bis Ende Juni einlösbar gewesen wäre, zu entfernen.

Strittig ist, ob die Untersagung der Verbreitung über Internetportale, welche auf dem Gutschein aufgedruckt ist, bereits genug ist, um eine Haftung des Betreibers auszulösen. Man kann theoretisch die Rechtsauffassung vertreten, dass eine Plattform-Haftung ähnlich wie im Filesharing oder wie bei rechtswidrigen Inhalten in Internetforen greift und der Betreiber etwaig illegale Inhalte tatsächlich mit Kenntniserlangung entfernen musste (was im vorliegenden Fall augenscheinlich geschehen ist). Man kann dem entgegen halten, dass ungeachtet dessen eine Schulung des Verkaufspersonals durch Dr. Oetker und seine Handelspartner (oder ein entsprechender prominenter und nicht entfernbarer Hinweis auf dem Gutschein) jeglichen womöglich entstandenen Schaden hätte vereiteln können.

Nachholbedarf für Dr. Oetker

Es ist nicht das erste Mal, dass myDealz sich vor die vermeintlichen Informationsinteressen seiner Nutzer stellt und mit Händlern oder Handelsmarken anlegt. So wurden in der Vergangenheit große Händler wie notebooksbilliger und Conrad wegen unerlaubter Eigenwerbung auf der Plattform gesperrt. Dafür erntet das Unternehmen von Fabian Spielberger immer wieder viel Anerkennung aber eben auch manchmal Kritik. Die ein oder andere Aufregung war in der Vergangenheit sicherlich auch nicht ganz unkalkuliert und wurde medienwirksam begleitet.

Wahr ist, dass eine offensichtlich fehlerhaft geplante Gutschein- oder Rabattkampagnen einen Händler in wirtschaftliche Schieflage bringen kann. Es mag sein, dass da schnell Emotionen hochkochen. Anders als ein technischer Preisfehler im Onlineshop kann eine einmal gestartete Offline-Gutschein-Kampagne nicht mehr gestoppt werden und deren missbräuchliche Verwendung verursacht echten wirtschaftlichen Schaden. Es muss aber auch nicht immer gleich die Drohung mit dem Anwalt und eine öffentliche Diskreditierung des Plattformbetreibers sein, wie man sie nun im Gegenzug Dr. Oetker nun unterstellen könnte.

Es zeigt sich an dem Fall aber vor allem auch, dass die alteingesessenen Marken des FMCG-Bereichs (Fast Moving Consumer Goods) offenbar immer noch einiges an Nachholbedarf haben, wenn es um die Digitalstrategie und den Umgang mit Social Web Plattformen geht. Das findet sich als Tenor auch unter dem Facebook-Beitrag von Dr. Oetker, wo Fans des Bielefelder Unternehmens dieses für sein unprofessionelles Vorgehen kritisierten. Auch die schlechte Schulung des Personals ist (neben technischen Hürden veralteter Kassensysteme) immer wieder ein Grund, weshalb das Local Couponing hierzulande seit Jahren einfach nicht richtig Fuß fassen kann.

Der geschilderte Fall ereignete sich bereits im Juni. Öffentliche Ressonanz erfuhr er aber nun noch einmal durch eine detaillierte Aufarbeitung auf wortfilter.de.