Crowdinvesting-Leaks: Wie ein Crowdinvestor dem Startup schaden kann

Das crowd-finanzierte Startup LifeAction ist nicht pleite, auch wenn die Wirtschaftswoche das vielleicht gerne hätte.

Viele Unternehmen überstehen die Startup-Phase nicht. Mindestens 75 Prozent sollen so mancher Statistik zufolge angeblich den Geschäftsbetrieb wieder einstellen müssen. Damit muss man auch als Crowdinvestor rechnen, selbst wenn die Statistik sich sicherlich nicht auf die typischerweise durch die Crowd finanzierten Unternehmen sondern ebenso auf den Friseursalon oder das Bistro an der Ecke bezieht. Dennoch ist es auf den ersten Blick schon bemerkenswert, dass die Ausfallquote bei crowdfinanzierten Startups bisher weit niedriger liegt. Bisher! Tatsächlich häufen sich jedoch in letzter Zeit jedoch die Ausfälle, was die Investoren zunehmend verunsichert und mehr und mehr kritische Journalisten auf den Plan ruft.

„Warum gingen drei Seedmatch-Startups pleite?“ fragte selbst Deutsche Startups kürzlich in einem Interview. Nun kommt es aber noch dicker. In der Wirtschaftswoche macht sich ein Crowdinvestor Luft und berichtet freimütig von seinen persönlichen Erfahrungen mit den Seedmatch-Startups. Das Pikante dabei: Er plaudert vertrauliche Informationen über die Seedmatch-Startups LifeAction und Bloomy Days aus, was sich geradezu geschäftsschädigend für die Startups und für Seedmatch auswirken könnte. Die Darstellung jedoch ist vollkommen überzogen.

Seedmatch LogoIm April 2012 führte die Berliner Spieleschmiede für Augmented Reality Games LifeAction ein Crowdinvesting über Seedmatch durch. Seinerzeit erfolgte der Investment-Prozess über stille Beteiligungen und war daher auf 100.000 EUR gedeckelt. Andernfalls hätte eine Prospektpflicht bestanden. Nicht allen crowdfinanzierten Startups genügte diese Finanzierung zur Befriedigung ihres geplanten Finanzbedarfs. So gingen einige Unternehmen den Weg der Anschlussfinanzierung. Nicht aber LifeAction. Als im Dezember 2013 klar wurde, dass die Planung nicht ganz aufgehen würde und Geld für mindestens drei weitere Monate benötigt wurde, entschied man sich aufgrund des vergleichsweise geringen Kapitalbedarfs gegen ein weiteres Crowdinvesting und bot interessierten Investoren eine Aufstockung ihrer Anteile an. Die Tatsache, dass die Firma heute (5 Monate später) noch besteht, ist Beleg dafür, dass das Geld erfolgreich eingeworben werden konnte. Der Artikel in der WirtschaftsWoche hingegen liest sich, als stünde das junge Unternehmen aus Berlin kurz vor dem Aus.

Genau dieses Beteiligungsangebot zur Aufstockung seiner Anteile ging einem 48-jährigen Crowdinvestor, dem WiWo das Pseudonym „Edgar Schreiner“ verpasste, nämlich gegen den Strich. Das Unternehmen müsse nun kurz vor der Pleite stehen, folgert er aus dem Schreiben zum Kapitalbedarf. Von wütenden Investoren und überforderten Gründern ist in dem Artikel die Rede. Dass das Geld ursprünglich bis Februar reichen sollte und wir nun bereits Mai haben, wird geflissentlich verschwiegen.

Michael Schiemann, CEO von LifeAction ist um Richtigstellung bemüht und kommentierte prompt den Artikel. Tatsächlich steht das Unternehmen seinen Angaben zufolge kurz vor der Markteinführung des Spiels, hat bereits erste interessierte Kunden und eine Anschlussfinanzierung. „Natürlich gibt es auch kritische Phasen bei einer Gründung und selbstverständlich streben wir wie viele andere Startups auch nach externen Finanzierungen, um unsere Ziele zu erreichen. Aus diesem Grund haben wir unseren bisherigen Seedmatch-Investoren ein weiteres internes Investment vorgeschlagen,“ schreibt er in seinem Kommentar und beklagt sich über die Geschäftsschädigung durch den Artikel. „Es spricht nichts gegen eine kritische Betrachtungsweise von Crowdfunding-finanzierten Startups. Es scheint aber, als haben Sie unser Startup nur für ein Mittel zum Zweck benutzt, um über die negativen Aspekte einer Crowdfunding-Finanzierung von Startups zu berichten,“ heißt es weiter.

Mittlerweile hat sich auch Seedmatch zu Wort gemeldet und bezeichnet weite Teile des Artikels als „schlichtweg falsch“. Der Sensationsjournalismus, der sich aktuell auf die deutsche Startup-Szene eingeschossen hat, kennt scheinbar keine Grenzen und kein Recht und Unrecht mehr. Systematisch wird gegen Startups und Crowdinvesting angeschrieben, koste es, was es wolle. Statt sich jedoch echte Crowd-Pleiten herauszugreifen, die es ja tatsächlich und unbestreitbar gibt, wird dem Ruf eines jungen Unternehmens geschadet. Der indiskrete Investor, der offenbar noch nicht viel Erfahrung mit Wagniskapital und Startup-Finanzierung hat, scheint jedoch kein Einzelfall zu sein. So sah sich Jens Uwe Sauer von Seedmatch kürzlich zu einer Stellungnahme genötigt, in der es um von Investoren und Journalisten geschürte Insolvenzgerüchte bei den Startup Larovo ging. Darin mahnt er:

Sowohl Startups als auch Investoren gehen mit dem Investmentvertrag vertragliche Rechte und Pflichten ein, die beide Seiten beachten müssen.Für Startups heißt das beispielsweise, dass sie ihren Investoren regelmäßig Reportings zum Stand Ihrer Unternehmung zur Verfügung stellen müssen.

Für Investoren bedeutet dies in der Regel, dass sie als vertraulich gekennzeichnete Informationen so lange vertraulich zu behandeln haben, bis diese öffentlich vom Gründer kommuniziert werden. Dies ist vor allem im Hinblick auf Verhandlungen mit potentiellen Investoren oder Käufern für eventuell vorhandene Assets bedeutsam. […]

Im Vertrag zwischen Investoren und Startups sind unter anderem Vertraulichkeitspflichten festgehalten. Dementsprechend kann ein Verstoß eines Investors gegen diese Vertraulichkeitspflichten eine außerordentliche Kündigung durch das Startup zur Folge haben. Zudem könnte das Startup weitere rechtliche Schritte einleiten.

Die Online Kaufberatung Larovo betreibt das beratungsportal.de und wurde sogar vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gefördert. Auch in diesem Fall gibt es bisher von dieser Stellungnahme abgesehen zumindest keine äußeren Anzeichen auf eine wirtschaftliche Schieflage des Kölner Startups. Sauer schreibt weiterhin: „Sobald sich an dem Status von Larovo etwas ändert und wir Tatsachen öffentlich kommunizieren können bzw. sollen, werden wir dies natürlich tun.

„Warum gingen drei Seedmatch-Startups pleite?“ fragte Deutsche Startups kürzlich. Die Antwort darauf lautete übrigens: In zwei von drei Fällen ist in letzter Sekunde die Anschlussfinanzierung gescheitert. Genau dagegen hat sich LiveAction mit ihrem Beteiligungsangebot für die bestehenden Investoren aber erfolgreich verteidigt.